1:5 gegen Elversberg, 2:2 in Duisburg, 1:4 gegen Viktoria Köln und 0:1 in Dortmund: So fatal startete Rot-Weiss Essen in die Saison 2022/2023.
Der Verein stand frühzeitig in der Serie am Scheideweg. Konkret war die Frage: Gehen die Fans den Weg mit Mannschaft und Trainer weiter oder kehren sie ihren Aufstiegshelden den Rücken? Die Antwort: Die RWE-Familie hielt zusammen, so wie der Verein es gerne sieht - in guten wie in schlechten Zeiten. Klar: Die Mannschaft durfte sich auch des Aufstiegsbonus' sicher sein.
Die Verantwortlichen legten mit vier Nachverpflichtungen nach (Clemens Fandrich, Luca Wollschläger, Felix Götze, Andreas Wiegel) und die Dabrowski-Mannschaft machte ein tolles Spiel gegen den FC Ingolstadt (2:2). Die Stimmung war unfassbar wuchtig. Und? In den darauffolgenden Wochen sollten die Fans für die bedingungslose Unterstützung auch mit vielen Punkten belohnt werden. Das sollten die Fans, die nach einigen negativen Ergebnissen große Veränderungen oder gar personelle Konsequenzen wie Entlassungen forderten, nicht vergessen. Und, klar: Die Fans dürfen, sollen und müssen nach Niederlagen sauer sein. Es kommt aber immer auf das "Wie" der Kritik an. Zum Beispiel Beleidigungen gegen den Trainer, die ins persönliche und unter die Gürtellinie gehen, sind einfach nur beschämend.
Denn es gab schon nach wenigen Spielen die ersten starken Zweifler und Dabrowski-Gegner im Fan-Umfeld. Nach dem Viktoria-Köln-Spiel, einem schlechten RWE-Auftritt, scheint es in die gleiche Richtung wie zu Beginn der Saison zu gehen.
Es gibt die ersten, vereinzelten Dabrowski-Raus-Rufe, Beleidigungen gegen den Trainer und auch Kritik in Richtung der Mannschaft. Aber mal ehrlich: "Wir wollen euch kämpfen sehen!" Wer kann diesen typischen Fan-Schlachtruf überhaupt noch ernst nehmen?
Kein Spieler macht doch absichtlich Fehler, jeder kämpft so weit er an jenem Tag kann, schließlich geht es auch für jeden Einzelnen um eine gute Siegprämie. Wie kann man es denn messen, dass eine Mannschaft nicht kämpft? Einfache Antwort: bei Niederlagen. Heißt: Verliert die Mannschaft, unabhängig von der Höhe des Ergebnisses, dann hat sie nicht ausreichend gekämpft. Gewinnt sie: dann war alles gut. Wenn überhaupt müsste es heißen: "Wir wollen euch siegen sehen!"
Und das ist der Auftrag für Rot-Weiss Essen am Sonntag (14 Uhr, RevierSport-Liveticker) gegen Borussia Dortmund II. Das wird aber nur gelingen, wenn die Fans eine ähnliche Atmosphäre wie Ende August 2022 gegen Ingolstadt entfachen, gefühlt jeden gewonnenen Zweikampf feiern. Dass die Mannschaft hier in Vorleistung gehen muss, erklärt sich von selbst.
Wichtig ist, dass die Essener Fans, die Dauer-Zweifler und -Nörgler unter ihnen, auch mal Demut bewahren. RWE war seit 14 Jahren nicht mehr im Profifußball vertreten und liegt 16 Spieltage vor Saisonende fünf Punkte vor den Abstiegsplätzen, hat alles in der eigenen Hand. Warum dann also versuchen, miese Stimmung zu verbreiten?
Der Auftrag in dieser Saison ist klar formuliert: Drinbleiben! Dann will sich der Klub konsolidieren und eventuell oben angreifen. Bleibt aus RWE-Sicht zu hoffen, dass die Stimmung mit dem BVB-II-Spiel nicht endgültig in eine negative Richtung kippt. Denn dann hätte es die Konkurrenz geschafft: Aus Essens Faustpfand, den Fans, würde der größte und gefährlichste Rot-Weiss-Gegner werden.